Astro-AG

Pasta und Pizza, Planspiele und Planetenforschung

Aktiver als so manche Nova: In den zweiten Oktoberhälfte war die Astro-AG laufend auf Achse – mal alle zusammen, mal als Delegation derer, die schon alle Hausaufgaben für den nächsten Tag erledigt hatten.

Los ging’s am Samstag dem 14. mit einem Berg Spaghetti und einer Rückschau: Unter Mathildes Leitung hatte die AG zum Abschluss-Event der Cassini-Mission am Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung (MPS) Link: www.mps.mpg.de/goodbye-cassini geworben und ein umfangreiches Rahmenprogramm Link: www.ohg.goe.ni.schule.de/index.php/archiv-leser/astro-ag-live-vom-saturn.html organisiert.

250 Besucher, darunter mehr als 150 Schülerinnen und Schüler von OHG und FKG, hatten live die letzten Minuten der spektakulär erfolgreichen Saturn-Mission verfolgt. (Vielen Dank an alle Interessierten und für die breite Unterstützung!)

Cassini-Event-Rahmenprogramm: Planetenmodelle mal anders

Danach ging’s in Arbeitsgruppen weiter: Während die einen über einem Preisrätsel zu relativistischen Effekten bei Gravitationslinsen brüteten, arbieteten andere sich in die Dynamik enger Doppelsternsysteme ein und planten schon für neue Aktionen.

2018 kommt der Mars der Erde so nahe wie seit langem nicht – und die Wissenschaftler der Erde werden sich mit einem Sonden-Besuch bedanken (Quelle: ESA/Hubble)

Das Jahr 2018 wird im Zeichen des Mars stehen: Der Rote Planet wird im Sommer der Erde so nahe kommen wie seit 2003 nicht mehr – und sehr gut zu beobachten sein. Auch die Profis wissen das zu schätzen: Die NASA bereitet mit Hilfe des Göttinger MPS die Landung des Mars-Roboters INSIGHT vor – vorraussichtlich für den späten November 2018. Bis dahin wollen wir viel "Marsianisches" auf die Beine stellen.

Astro-AG mit Maskottchen Tim (blau) und (teils) hochwissenschaftlichem Zubehör

Noch steht Mars allerdings in “Konjunktion”, das heißt: von der Erde aus gesehen fast “hinter” der Sonne. Bei der abschließenden nächtlichen Beobachtung war dieser Planet dann schon lange unter dem Horizont verschwunden. Immerhin war der Göttinger Sternenhimmel sehr klar, die Sternbilder Fische und Orion schnell gefunden – leider blieb Uranus trotz Teleskop für uns zu kamerascheu.

Am Sonntag lud der wieder gesundete AG-Leiter Herr Rauch dann zu Pizza und Planspiel: Gemeinsam versetzten wir uns in die Rollen eines Teams von Wissenschaftlern, die eine geologische Anomalie untersuchen wollten – und unversehens auf die geheimnisvollen, verwitterten Ruinen einer alten Stadt stießen… Fhtagn, koordiniertes Zusammenarbeiten unter Zeitdruck ist gar nicht so einfach! (APR)


Der Sonne entgegen...

Die Parker Solar Probe wird der Sonne viel näher kommen als irgendein bisheriger Satellit (Quelle: NASA / JPL)>

Wir von der Astronomie-AG des Otto-Hahn-Gymnasiums und des Felix-Klein-Gymnasiums haben dann am Dienstag dem Vortrag über die “Parker Solar Probe”, aus der Reihe der Vorträge “Faszinierendes Weltall” der FPG beigewohnt.

In dem Vortrag ging es um eine Raumsonde, welche so nah an der Sonne durch die Sonnenatmosphäre fliegen wird, wie es keine andere Sonde vor ihr tat (6 Millionen Kilometer nah). So nah an der Sonn herrschen Temperaturen von 1400° C, welche auf ein so genanntes Hitzeschild treffen. Durch dieses Schild kann der Rest der Sonde bei einer Temperatur von 25° C arbeiten und hoffentlich aufschlussreiche Daten über unsere Sonne sammeln. Jedoch wird die Parker solar Probe die Sonne nicht komplett umfliegen, sie wird durch ihre Nähe zur Sonne so stark von deren Gravitationsfeld beeinflusst, dass sie nach ungefähr einer halben Umrundung die Sonnenatmosphäre verlässt, sich von dieser weg bewegt und von der Venus abgebremst werden muss.

Die Parker Solar Probe wird voraussichtlich im Zeitraum zwischen dem 31 Juli und dem 19 August in Amerika in Florida gestartet werde und dabei auch etwas aus Göttingen an Bord haben. In Göttingen wurden Testreihen zum Material aus welchem die Glasscheibe der optischen Kamera, welche zur Beobachtung des Sonnenwindes dient, gemacht, und das für die Mission am besten geeignete ausgewählt. (MP)

Der geplante Kurs der Sonnensonde (Quelle: NASA / JPL)

Am Donnerstag Nachmittag gab’s dann die erste reguläre AG-Sitzung nach den Herbstferien: Themen waren Mars (und Gummibärchen), die nächsten Vorträge und eine neue Präsentation unserer AG-Aktivitäten sowie unserer Doppelstern-Forschungsergebnisse. (Aber hauptsächlich Gummibärchen.)

Astrophysik und Philosophie

Jedes Jahr wieder gibt es eine Zeit, in der in Göttingen Vorträge über alle möglichen Themen von Literatur über Philosophie bis hin zu Astrophysik gehalten werden und wir uns intensiver mit vielem beschäftigen: Diese Zeit ist der Literaturherbst.

Daher unternahm die Astronomie AG am Donnerstag den 19.10.2017 eine Exkursion zum Literaturherbst-Vortrag „Das Universum und Ich“ von Sibylle Anderl. Das Thema des Vortrages war die interdisziplinäre Vereinigung von Astrophysik und Philosophie, um elementare Fragen der Wissenschaftstheorie und ihre Bedeutung für uns Menschen zu formulieren und zu versuchen, sie zu beantworten. Besonders beschäftigt hat sie die Astrophysik, die in dem Sinne keine Experimente sondern nur Beobachtungen von dynamischen Systemen durchführen kann, ähnlich wie die Geschichtswissenschaft. Handelt es sich deshalb um eine „besondere“ Naturwissenschaft? In diesen Ausführungen nahm Sibylle Anderl Bezug auf Theorien von Thomas Kuhn und Ian Hacking, bevor sie zum ausgleichenden Urteil kam: Ja, die Astrophysik arbeitet schon etwas anders, ist aber deshalb nicht weniger zuverlässig als die anderen Naturwissenschaften auch. (TH)

Relativistischer Freitag

Auch am nächsten Abend kam in der Paulinerkirche die Wissenschaftstheorie Thomas Kuhns zur Sprache: Lange Zeit betrieben Wissenschaftler ein Alltagsgeschäft, bei dem Daten gesammelt, Versuche erfunden und eine allgemein akzeptierte Theorie immer weiter verfeinert wird. Nach und nach häufen sich aber Probleme an, also Entdeckungen, die im Rahmen der akzeptierten Theorien nicht erklärt werden können. Dann kommt jemand mit einer neuen Theorie an, die revolutionär anders ist, aber auch die neuen Entdeckungen erklären kann – und die dann schnell die alten Theorien verdrängt. Einsteins Relativitätstheorie sei dafür ein gutes Beispiel, meinte Kuhn.

Einstein, aber mehr als nur Einstein: Prof. Jürgen Renn (3. von links) umgeben von Astro-AG-lern

Nicht so eilig, hielt der Physiker und Historiker Jürgen Renn dagegen. Er hat anhand von Originalunterlagen und anderen historischen Dokumenten rekonstruiert, wie Einstein seine Allgemeine Relativitätstheorie entwickelt und verfeinert hat. Diese Theorie erklärt die Gravitation als “Krümmung des Raumes”, und sie sagt solche Dinge wie Schwarze Löcher und Gravitationswellen voraus (für den Nachweis letzterer gab’s dieses Jahr den Nobelpreis für Physik). Aber das war sehr lange Zeit strittig – Einstein selbst war sich noch 40 Jahre nach der Veröffentlichung seiner Theorie nicht sicher, ob es Gravitationswellen wirklich geben müsste.

Auf der Solvay-Konferenz von 1927: 17 der 29 Teilnehmer hatten oder bekamen später den Nobelpreis; viele von ihnen hatten auch zur Relativitätstheorie beigetragen (Quelle: B. Couprie / Wiki Commons)

Die Relativitätstheorie entstand also keineswegs fix und fertig als Geistesblitz eines einzelnen Genies: Einstein hatte lange Jahre immer wieder neue Ansätze durchprobiert und sich mit anderen Physikern und Mathematikern ausgetauscht, bis er seine Theorien veröffentlichte. Immer wieder steuerten dann Menschen aus aller Welt überraschende Einsichten ein – der Göttinger Astronom Schwarzschild etwa kaum auf die Idee mit den Schwarzen Löchern, der Franzose Lemaître auf das sich ausdehnende Universum. Komplex, wendungsreich, immer wieder mit Überraschungen gespickt – Renns spannender Vortrag brachte uns eine Forschungsgeschichte nahe, die (anders als Kuhn meinte) noch keinesfalls abgeschlossen ist.

"… mit Bewunderung für Euren Elan und herzlichen Wünschen..."

Und natürlich nutzen wir reichlich seine Bereitschaft, uns nach dem Vortrag noch Bücher zu signierungen und Fragen zu beantworten. (APR)

Der südliche Sternenhimmel – wie wir ihn in der Nähe des Großteleskops der Göttinger Uni aus sähen (Quelle: M. Biddulph / Wikipedia)

Forschen wie die Profis – Forschen mit den Profis

Am nächsten Mittwoch fand mittags ein Treffen mit Prof. Frederic Hessman von der Uni Göttingen statt. Dieses war insofern wichtig, dass wir mit Hessmans Unterstützung ein in Südafrika befindliches, fernsteuerbares Großteleskop benutzen können, um an unserem Doppelstern-Projekt zu arbeiten. Also stellte Daniel in einer Präsentation unsere AG vor. Er erzählte, wie sie nach der Entdeckung des Doppelsternsystems im Rahmen des Herausforderungsprojektes 2016 entstanden ist, wofür wir das Teleskop gebrauchen können, und was die Ziele unserer AG sind.
Danach brachte uns Professor Hessman ein paar der umfangreichen Methoden und Phänomene nahe, die er in diesem Bereich kennt. So hat er uns beispielsweise erklärt,

- wie man die Daten von Lichtkurven beobachteter Sterne durch die Einteilung in Phasen präziser auswertet,

- wie Eklipsen, also das Phänomen bei dem wir Halb- oder Sichelmonde sehen, zustande kommen,

- und wie es zur optischen Illusion eines Doppelsternes kommen kann, indem zwei Sterne sehr nahe aneinander beobachtet werden ohne, dass sie einen Gravitationseinfluss aufeinander haben.

Das sind Werkzeuge, die wir dazu nutzen werden, unser Doppelsternsystem unter ganz neuen Gesichtspunkten zu untersuchen – um danach mit Prof. Hessmans Hilfe auch das Großteleskop für hoffentlich noch genauere und aktuellere Beobachtungen zu nutzen.

Doch bis dahin möchten wir uns ganz herzlich bei ihm für die Zeit, die er sich genommen hat um uns zu unterstützen bedanken und hoffen, dass wir bei unserem nächsten Treffen zeigen können, was wir mit seiner Hilfe geschafft haben!

Rückblick auf einen Uni-Besuch im September: Das neueste Großteleskop der ESA steht in der Göttinger Astrophysik schon als Modell – aus Lego

Wie findet man bewohnbare Planeten?

Am Mittwoch 25.10. waren wir mit Teilen der Astronomie AG auch abends wieder mal an der Universität Göttingen. Im Institut für Astrophysik hörten wir uns einen sehr interessanten Vortrag von Dr. Philipp Huke an. Es ging dabei darum, wie bewohnbare Planeten entdeckt werden können.

Damit Leben wie auf der Erde möglich ist, muss ein Planet über eine Atmosphäre, ausreichend Wärme und flüssiges Wasser besitzen. Wie die Erde auch, muss sich für letztere der Planet in der habitablen Zone befinden. Die habitable Zone ist die Zone um einen Stern (z.B. unsere Sonne), in der Wasser flüssig ist. Dabei gilt, je heißer der Stern, desto weiter außen liegt die habitable Zone.

Lange Versuchsreihen der Stiftung Astro-AG ergaben: Gute Vorträge werden noch besser aufgenommen, wenn man auf eine solider Pizzagrundlage, errr, Fachkenntnisgrundlage aufbauen kann.

Um eine Atmosphäre besitzen zu können, muss die Gravitation des Plantet stark genug sein, um die Moleküle derer anzuziehen. Ein Beispiel ist Mars. Der Mars hatte mal eine Atmosphäre und man vermutet auch Wasser, nur ist seine Gravitationskraft so gering, dass er seine Atmosphäre nicht halten konnte. (Die Details sind etwas komplizierter und noch interessanter – mehr dazu kann man in unseren AG-Stunden erfahren!)

Nur innerhalb einer schmalen Zone um einen Stern ist Leben wie auf der Erde möglich (Darstellung nach NASA)

Nur, wie findet man solche Planeten? Die Antwort ist ganz simpel. Man schaut um sich. Da solche Beobachtungen für das menschliche Auge unmöglich sind, werden Teleskope benutzt. Durch verschiedenste Lichtkurven, oder die Bestimmung der Radialgeschwindigkeit, können Rückschlüsse darauf gezogen werden, was gesehen wurde. (MW)

Auch schon Tradition: Nach einem Uni-Vortrag wagt Noah einen Blick durchs Teleskop auf den Göttinger Nachthimmel

… und weiter geht’s jeden Donnerstag ab 15:15 in Raum D-20 – Gäste und weitere Neugierige sind stets willkommen!

Berichte und Bilder von Mathilde Witt, Bogdan Rerich, Dr. Andreas P Rauch, Marten Pretorius, Thomas Hamelin (alle bis auf einen: Q1), zusätzliche Bilder von Noah Kirchhoff (9D), Matt Biddulph und Benjamin Couprie (via Wikipedia), und NASA/JPL

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