Böll-Lesung

Hast du deinen Böll schon gefunden?

(bt.) Eine der bedeutendsten Schriftstellerinnen deutscher Gegenwartsliteratur war auf Einladung der slu (Stiftung Leben & Umwelt – Heinrich Böll Stiftung Niedersachsen) zu Gast im OHG: Felicitas Hoppe, Trägerin des Georg-Büchner-Preises 2012, dem wichtigsten Literaturpreis, der in Deutschland vergeben wird. Die slu hat die Lesung implementiert in die Veranstaltungsreihe "Literatur macht Schule" des Literarischen Zentrums Göttingen.

Es ging dabei um Heinrich Böll (1917- 1985), der in diesem Jahr 100 Jahre alt geworden wäre. Obwohl auch vorgelesen wurde, handelte es sich nicht um eine Lesung im klassischen Sinn – es war vielmehr ein literarisches Gespräch zwischen Silke Inselmann von der slu und Felicitas Hoppe. In diesen besonderen Genuss, dabei zu sein, kamen Schülerinnen und Schüler der Deutschkurse aus der Q2.

 

Heinrich Böll – Literaturnobelpreisträger des Jahres 1972 – war ein politischer Autor, der ein wenig in Vergessenheit geraten ist. Irgendwann drückte man ihn den Stempel "Gewissen der Nation" auf – er mochte das nicht, lehnte das ab, war sich aber gleichzeitig seines Einflusses bewusst. Er zeichnete sich dadurch aus, dass er Position bezog, ganz gleich, wem das gefiel oder auch nicht. Er habe, so Frau Inselmann, seine Positionen sichtbar gemacht und sich bewusst den "Blicken der anderen" ausgesetzt – Eigenschaften, die auch heute gefragt sind und wer gut zuhörte, stellte fest, dass Böll – auch gerade dadurch – aktueller denn je ist. Ein wirklich prägnantes Beispiel dafür lieferte Felicitas Hoppe mit dem Verlesen von Bölls "Ungehaltener Rede im Deutschen Bundestag" von 1984.

Felicitas Hoppe kam übrigens sehr früh, aber indirekt mit Böll in Verbindung. Zu ihrer Schulzeit (sie ist 1960 geboren und machte in Hameln Abitur) gab es ein – heute leider kaum noch gelesenes – Kultbuch: Der Fänger im Roggen von Jerome David Salinger. Böll und seine Frau Annemarie übersetzten den Roman ins Deutsche. Jetzt lebt Hoppe in Berlin-Mitte, gegenüber ihrer Wohnung ist das Haus, in dem die Böll-Stiftung untergebracht ist.

Die Idee, Textpassagen mit kleinen Filmsequenzen zu kombinieren, ging auf. Böll gewann auf diese Weise Gestalt, wurde greifbar und während der 90 Minuten in der Oberen Pausenhalle verfolgten die Schülerinnen und Schüler den Ausführungen mit offenem Ohr. Das lag natürlich auch an der Textauswahl, die klug und spannend war.

Frau Rauhaus, die alles für das OHG organisiert hat, sowie dem Literarischen Zentrum, der slu und Felicitas Hoppe ganz herzlichen Dank für diese beiden außergewöhnlichen Stunden, in denen der eine oder andere seinen Böll gefunden haben sollte.

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