Forschung trifft OHG

Riesensterne und Geisterteilchen

(rca.)Winzig, schnell und geisterhaft – die Rede ist von Neutrinos. Unsichtbar sind diese Elementarteilchen, und fast nicht zu messen: 100.000.000.000.000 von ihnen durchfliegen jeden Menschen in jeder Sekunde – ungehindert. Vielleicht eines in unserem Leben wird von unserem Körper aufgehalten. Der Rest fliegt weiter durchs Universum – die meisten, seit sie in den ersten Minuten des Universums entstanden sind.


Der Funke springt über an diesem Donnerstagabend in der Lindener Volkssternwarte, wo fünfzig dichtgedrängte Zuhörer einer Präsentation lauschen. Vorne steht kein routinierter Professor, sondern ein Schüler vom Otto-Hahn-Gymnasium in Hannover. Michael Strik (12. Jahrgang) war von den kleinsten Teilchen so fasziniert, dass er ihnen seine Facharbeit gewidmet hat. Quantenmechanik, Teilchenphysik, komplexwertige Matrizen, Stochastik, Sonnenphysik, Kosmologie – das sind Themen, über denen normalerweise Doktoranden schwitzen. Und nun das Herausgefundene einer interessierten Öffentlichkeit verständlich präsentieren… keine leichte Aufgabe.

"Neutrinos wandeln sich einfach ineinander um. Stellen Sie sich vor, Sie backen einen leckeren Erdbeerkuchen, schauen ein paar Minuten nicht hin – und haben dann plötzlich eine Mangotorte dort stehen. Und ein paar Minuten später – wieder ein Erdbeerkuchen. Was Sie sehen, entscheidet sich zufällig, wenn Sie hinschauen," erklärt Michael. Drauf gekommen ist man, als man mit viel Aufwand die Neutrinos beobachtet hat, die im Inneren der Sonne entstehen: Die "Erdbeeren" zu entdecken ist schwer genug, aber die anderen fehlten in den Daten einfach. Auf dem Weg zur Erde waren sie zu "Mangos" geworden. Warum und wie Neutrinos das machen, versteht man noch nicht. "Die Leute in der Teilchenphysik hoffen: Verstehen wir Neutrinos, ist das auch ein Schlüssel für andere Rätsel – die Dunkle Materie etwa." Dem Vortrag schließen sich Applaus und noch viele Fragen in großer und kleiner Runde an: Dass Michael Physik erst noch studieren möchte und noch kein ausgewachsener Experte ist, haben die Fragenden schon längst vergessen. Souverän geht der Referent auf die Fragen ein – und räumt genauso souverän ein, wenn er etwas noch nicht weiß.

Für Michael war es eine spannende Erfahrung, einmal auf der anderen Seite des Vortragssaals zu stehen. Die Astronomie-AG am OHG wie auch die Teilnehmer der Astrobiologie-WPUs sind schließlich regelmäßig an der Göttinger Uni oder am Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung (MPS) zu Gast. Ob Marsopposition und Mondfinsternis, ob neue Teleskope in der südafrikanischen Wüste: Gemeinsam macht es mehr Spaß, etwas über Himmelsereignisse und die aktuelle Forschung zu erfahren.


Dafür muss man nicht einmal die Schule verlassen: Kurz vor den Herbstferien war das MPS wieder einmal zu Gast am OHG, hier im WPU "Astrobiologie" der 9. Klassen. Nathalie Themessl heißt die junge Forscherin, Dr. Nathalie Themessl, um genau zu sein – seit einer Woche: Eigentlich wollte sie uns schon eine Woche früher besuchen, aber da genau hatte sie ihre letzte Prüfung mit Bravour bestanden. Wie Michael befasst sie sich mit Dingen, die im Innersten der Sterne passieren – genauer: in alten Sternen kurz vor ihrem Ende. Wenn ihnen langsam der "Brennstoff" knapp wird, ändern sich die Vorgänge in ihrem Kern, und sie werden heißer und heißer. Ihre äußere Schicht dehnt sich immer weiter aus. Wenn das mit unserer Sonne passiert – in etwa 5 Milliarden Jahren – wird sie mehr als hundertmal so groß werden wie heute und bis über die Erdumlaufbahn reichen: Die Erde wird in ihr verschwinden. Diese Sterne "flackern" zudem. Wie das genau passiert, was die Ursachen davon sind - genau das erforscht Dr. Themessl am MPS zusammen mit ihren Kolleginnen und Kollegen aus allen Teilen der Welt. 

Forschen macht Spaß, ist aber auch anstrengend. Wie sie das mit ihrer Familie unter einen Hut bekommt, möchte eine Schülerin wissen. Schwierig, die muss halt manchmal etwas zurückstehen – auch, weil besonders am Anfang einer Forscherlaufbahn alle paar Jahre ein Umzug in eine andere Stadt und oft ein anderes Land anstehen. Die Schülerinnen und Schüler danken ihr für den engagierten Vortrag noch mit viel Applaus und einem Gastgeschenk – und reißen ihr dann die mitgebrachten Poster, Aufkleber, Hefte und Anstecker förmlich aus den Händen.


Was übriggeblieben war, hat Michael dann übrigens in Hannover an die aufmerksamsten Zuschauer verteilt. Nicht nur in der Astrophysik gilt schließlich: Interessantes herausfinden und dann mit anderen teilen macht einfach Spaß!

Hier gibt's weitere spannende Informationen von unserem Kooperationspartner MPS.

 

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